#44 - Wechseljahre
In dieser Episode von "Doc on Air" werden die Wechseljahre, ihre Symptome, Hormontherapie und die Bedeutung von Vorsorgeuntersuchungen thematisiert. Veränderungen werden als Chance zur Neuausrichtung im Leben betrachtet.
11.01.2025 22 min
Zusammenfassung & Show Notes
In dieser Episode von "Doc on Air" bespreche ich die Wechseljahre und ihre Herausforderungen für Männer und Frauen. Ich erläutere den Begriff der Wechseljahre und strukturiere den Inhalt in Prämenopause, Menopause und Postmenopause, während ich die physischen und psychischen Symptome dieser Phasen beleuchte. Mit Statistiken verdeutliche ich die unterschiedliche Wahrnehmung der Wechseljahre und plädiere dafür, sie als natürlichen Lebensabschnitt zu akzeptieren. Ein Schwerpunkt liegt auf der Hormontherapie, wo ich Nutzen, Risiken sowie aktuelle Medikamente bespreche. Zum Abschluss ermutige ich zu Vorsorgeuntersuchungen und dazu, Veränderungen als Chance zur Neuausrichtung im Leben zu sehen.
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DOC-ON-AIR - Der Podcast für den Umgang mit medizinischen Notfällen im Alltag von Dr. Joachim Huber.
Weitere Informationen auf doc-on-air.com
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Bei Fragen oder Hinweisen zur aktuellen Folge schreibt mir gerne ein Email unter podcast@doc-on-air-com
#notfallmedizin #ersthilfe #teambuilding #alleswirdgut
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Transkript
Music.
Doc on Air, der Podcast, der Ihnen hilft, richtig erste Hilfe zu leisten.
Was tun, wenn jemand Hilfe schreit? Was tun, wenn zu Hause was passiert?
Als erfahrener Notarzt zeige ich Ihnen, wie es geht.
Unser Ziel, Wissen statt Angst und Können statt Zweifel.
Herzlich Willkommen, meine sehr geehrten Damen und Herren, hochverehrtes Publikum.
Es ist mir eine große Freude, Ihnen heute wieder ein ganz spannendes Thema zu präsentieren.
Es lautet "Wechseljahre, was tun?"
Nun, wir Männer und die Wechseljahre, das ist so eine Geschichte.
Aber die Wechseljahre sind nun mal ein wirklich ernstzunehmendes Problem,
das man nicht einfach so über die Tischkante hinweg lächerlich macht.
Naja, die Frauen und ihre Schwitzerei, das wäre der völlig falsche Zugang.
Daher versuche ich, dieses Thema so zu bringen, dass es für Männlein und Weiblein,
für Jung und Alt akzeptabel und aufklärend ist.
Die Wechseljahre, dieser Fachbegriff, wird mit Menopause aus dem griechischen
Menos für Monate und Pauses für Ende abgeleitet.
Das wurde im Deutschen früher auch Stufenjahre genannt.
Die medizinische Bezeichnung lautet Klimakterium. Das bedeutet im Griechischen
so viel wie Sprosse einer Leiter oder eben, wie gerade gesagt,
im übertragenen Sinn kritischer Lebenszeitpunkt,
Stufen, Jahre.
Die meisten Frauen erleben diese hormonelle Umstellung zwischen Mitte 40 und Mitte 50.
Etwa die Hälfte der Frauen hat ihre letzte Regelblutung, also die Menopause, rund um den 50.
Geburtstag, also in der Lebensmitte. Eingeteilt wird das Klimakterium von uns
Medizinern in Prämenopause.
Durch den Rückgang des Hormones Progesteron kommt es zum Auftreten von ersten
Unregelmäßigkeiten bzw.
Gelegentlich auch schon ausbleibenden Menstruationszyklen. Die Menopause,
dabei stellen sich die Eierstöcke um und verlieren ihre Produktivität.
Die Menstruation bleibt endgültig aus.
Perimenopause, der Zeitraum zwischen der Prämenopause sowie der Postmenopause
und der eigentlichen Menopause.
Dann gibt es noch die Postmenopause, das ist der Zeitraum von etwa zwölf Monaten
nach der letzten spontanen Menstruation.
Nun, indem sich die natürliche Hormonproduktion umstellt, kommt es immer seltener
zum Eisprung. Die Regelblutung wird, wie schon erwähnt, unregelmäßig und irgendwann bleibt sie ganz aus.
Wie Frauen nun ihre Wechseljahre erleben, hängt naturgemäß von vielen Faktoren ab.
Einerseits von individuellen Erfahrungen und auch Erwartungen von Vorbildern
aus der älteren Generation, also familiären Umständen,
andererseits aber auch von körperlichen und sozialen Bedingungen.
Die meisten Probleme werden geschildert in Form von Hitzewallungen,
also plötzliches Schwitzen mit starken Schweißausbrüchen, unklares Herzklopfen, Schwindelgefühle,
chronische Müdigkeit Und ein sehr ernstes Problem natürlich das Gefühlschaos,
die Stimmungsschwankungen bis hin zu Depressionen.
Schlafstörungen sind sehr häufig, aber auch Haarausfall.
Damen kommen zum Arzt und sagen, ich weiß nicht, auf meinem Kopfpolster sind büschelweiße Haare.
Sehr oft sind es auch geschwollene Beine, ohne dass irgendeine Herzstörung vorliegt.
Eine Blasenschwäche, naturgemäß hängt die auch mit der Beckenbodenmuskulatur zusammen.
Eine Frau, die viele Kinder geboren hat, wird eher eine Beckenbodenschwäche
bekommen als eine sogenannte Nullipara, eine Frau, die nie Kinder geboren hat.
Ein ganz wesentliches und heute Gott sei Dank nicht mehr tabuisiertes Symptom
ist die Scheidentrockenheit.
Naturgemäß spielen auch die Erfahrungen mit dem eigenen Körper eine große Rolle.
Auch die Haltung zum eigenen Älterwerden, zur Fruchtbarkeit und zur Sexualität.
Eine Frau, die schon mehrere Kinder zur Welt gebracht hat und erzogen hat,
wird sich weniger Gedanken über ihre Fruchtbarkeit machen, als eine Frau, die ihre Karriere,
ihre anderen Umstände in den Vordergrund gestellt hat und jetzt mit 40,
50 draufkommt, eigentlich hätte sie doch gern ein, zwei Kinder.
Wenn wir nun die Statistik bemühen, dann verteilen sich die klimakterischen
Beschwerden der Frauen eigentlich ziemlich gleichmäßig.
Etwa ein Drittel fühlt sich während der Wechseljahre überhaupt nicht anders
als zuvor. Ein weiteres Drittel erlebt in dieser Zeit Phasen mit lästigen,
aber nicht sehr starken Beschwerden.
Von stark belastenden Begleiterscheinungen berichtet ebenfalls ca.
Ein Drittel aller Frauen.
Wir können also durchaus feststellen, dass die Wechseljahre im Leben einer Frau
vieles durcheinander bringen.
Andererseits schildern uns viele Betroffene auch, dass verschiedenste Leiden verschwunden sind.
Dieser Wechsel des weiblichen Hormonstatus liegt natürlich auch an der Funktion der Hirnanhangdrüse.
Diese beeinflusst die Produktion von Östrogenen.
Das führt dazu, dass auch weniger Gästergene, also Gelbkörperhormon, produziert wird.
Und durch die reduzierte Ausschüttung der beiden weiblichen Geschlechtshormone
bleibt, wie schon oben erwähnt, die Monatsblutung letztlich gänzlich aus.
Darauf können sehr viele Frauen frohlockend verzichten, denn was uns Männern
das Rasieren des Bartes ist und manchmal sehr lästig sein kann,
wird von vielen Frauen als die Monatsblutung ebenfalls als lästig empfunden.
Wenn wir nun von der Monatsblutung und deren Ausbleiben sprechen,
dann meinen ja viele Frauen, ha, hurra, ich brauche keine Verhütung mehr,
ich kann ja nicht mehr schwanger werden.
Haben Sie schon den Begriff Wechselbalk gehört? Der Wechselbalk war im Aberglauben
des europäischen Mittelalters ein Säugling, man hat das früher Balk genannt,
der einer Wöchnerin durch ein dämonisches Wesen eine Hexe oder andere böse Geister
im Austausch gegen ihr eigenes Kind mit einer Absicht untergeschoben wurde,
die Menschen zu belästigen und ihnen zu schaden.
Heute wird der Begriff leider oft abwertend für Kinder von Elternmüttern gebraucht.
Dabei werden in ganz Europa die Erstgebärden immer älter. Im Jahr 2020 waren
die österreichischen Mütter bei der Geburt eines Kindes ca.
30 Jahre alt. Zum selben Zeitpunkt lag das Durchschnittsalte in der Schweiz bei rund 32 Jahren.
Mütter über 50 sind selten und werden auch, wenn es gewollt ist,
für die Schwangerschaft von Fachärzten vorbereitet.
Medizinisch gesehen ist eine Schwangerschaft im Falle der Verwendung von jungen
Eizellen weitgehend unabhängig vom Alter der Frau möglich.
Die älteste Schweizerin war 66 Jahre alt, als sie Zwillinge nach Eizellen- und Samenspende gebar.
Die älteste Erstgebärende in Spanien war sogar 72 Jahre alt.
Und jetzt kommt doch meistens schon in unserer ach so freundlichen Gesellschaft
die Pseudomoralkreule,
die immer dann aktiviert wird, wenn die Gesellschaft überfordert ist und nicht mehr weiß,
wie sie mit der individuellen, mit der sich selbst ermöglichten Freiheit und
den darin entstehenden Wünschen umgehen soll.
Sollen, dürfen wir unsere Freiheiten in jedem Fall maximal ausnützen?
Kann die Selbstbestimmung der Ego-Trip das absolute Ideal unserer Gesellschaft sein?
Die Diskussion um Spätgebärende sowie die Diskussion um alte Väter wirft heikle
ethische und psychologische Fragen auf.
Wir kennen solche ethischen Konflikte ja auch aus anderen Debatten,
um nur einige zu nennen, der assistierte Suizid,
die Adoption von Kindern für Gleichgeschlechtliche, die Sterilisation von Behinderten
oder die Ehe von Menschen mit Trisomie 21 und so weiter.
Und immer, immer sind die Frauen die Leidtragenden.
Noch ein paar Worte zur Therapie. Die moderne Gynäkologie, also die Wissenschaft
der Frauenheilkunde, macht sich die heilsamen Seiten der Hormonumstellung zunutze,
indem sie im Kampf gegen Myome, also entsprechende geschwürige Veränderungen
in der Muskulatur der Gebärmutter, Zysten, aber auch bei Endometriose,
und bei verschiedenen Brust-, Eierstock-, Gebärmutterkrebsformern das Klimakterium künstlich einleitet.
Mit einer maßgeschneiderten, auf die individuelle Problemlage abgestellten Therapie
können heute auch beim Klimakterium die meisten unangenehmen Symptome zumindest gemindert,
gelindert, manchmal sogar ganz beseitigt werden. Zur
Linderung der vegetativen Beschwerden, wie z.B.
Der Hitzewallungen, werden häufig Pflanzenpräparate wie Traubensilberkerze,
Mönchspfeffer, Rotklee,
Schafgarbe, Soja oder auch sibirische Rhabarber empfohlen.
Auch die Einnahme von sogenannten Anticholinergika, wie Bornaprin,
das ist ein Muscarin-Rezeptor-Antagonist, wird häufig diskutiert.
Dieses Medikament wird ja eigentlich zur Behandlung von Tremor bei Parkinson,
also der Schüttellähmung, verwendet, aber eben auch bei starker Schweißproduktion verabreicht.
Mögliche Nebenwirkungen können Schwindel, Schläfrigkeit, Übelkeit und Munddruck nicht sein.
Man empfiehlt auch immer, den Augendruck regelmäßig kontrollieren zu lassen.
Ja, und während der Therapie mit diesem Bornaprin sollten Alkohol und alkoholhaltige
Getränke vermieden werden.
Weil Alkohol bei vielen Medikamenten, auch bei dem gerade geschilderten,
die Wirkung des Wirkstoffes unvorhersehbar verstärken oder so verändern kann,
dass die Nebenwirkungen sehr unangenehm sind.
Ein weiteres Medikament ist Methan-Telinium-Promid mit Namen Vagantin.
Das betrifft,
beeinflusst ebenfalls die durch die Wechseljahre bedingten Schweißausbrüche.
Das Medikament ist auch aus der Gruppe der Anticholinergiker und vermindert
eigentlich die Spannung,
das heißt die Tonus der glatten Muskulatur im Bereich des Magendarm und des Genitaltraktes.
Er hemmt auch die Magensäuresekretion und, wie schon erwähnt, die Schweißsekretion.
Vor diesen medikamentösen Therapien muss aber unbedingt eine genaue Diagnostik erfolgen.
Denn auch Schilddrüsenveränderungen oder Herz-Kreislauf-Probleme,
Tumorleiden, Nebennieren-Rinden-Probleme können so eine starke Schweißproduktion auslösen.
In einer großen Analyse von 19 Studien mit 1700 Probanden konnte man zeigen,
dass Melatonin ist heute überall in jeder Fernsehwerbung abends zu sehen,
auch zur Behandlung primärer Schlafstörungen, aber auch gegen neurovegetativen
Beschwerden im Klimakterium helfen kann.
Damit sind wir bei dem wichtigen Wörtchen kann.
Also sich einzubilden, ich nehme einfach schnurstracks ohne Arzt in der Apotheke
gekauft, so ein köstliches Melatonin-Güpfelchen und alles wird gut, ist nicht gescheit.
Nun, natürlich werden Nutzen und Schaden einer systemischen oder lokalen Hormonersatztherapie
lange Zeit kontrovers diskutiert.
Dabei wird übrigens zwischen Hormonpräparaten unterschieden,
die rein synthetisch sind, wie zum Beispiel pflanzliche Bestandteile der Jamswurzel
oder die tierische Bestandteile enthalten,
wie zum Beispiel Extrakte aus dem Urin trächtiger Stuten.
Andere Studien zeigen, dass Hormonersatztherapien gegen die Symptome und besonders
die vaginale Trockenheit eine wunderbare Wirkung erzielen.
Andererseits muss man natürlich sagen, Hormonersatztherapien haben schon auch
das erhöhte Risiko für das Auftreten anderer Krankheiten,
wie zum Beispiel Brustkrebs oder Herzinfarkt.
In Österreich und in Deutschland übernehmen Krankenkassen zum Teil die Kosten
für Hormonersatztherapien, Aber natürlich nur dann,
wenn sie fachärztlich verordnet wurden und nur dann, wenn damit zum Beispiel
die Osteoporose verzögert werden soll.
Also die Knochenentkalkung mit diesem furchtbar hohen Risiko,
wenn es unbehandelt ist, dass die Wirbelkörper, aber auch natürlich der Hüftbereich bricht.
Im Vergleich zur Testgruppe konnte man beweisen,
dass diese Hormonersatztherapien das Frakturrisiko einer entsprechenden gefährdeten
Patientin um mindestens 25% im Fall von Hüftfrakturen sogar über 33% positiv beeinflusst.
In mehreren asiatischen Studien konnte darüber hinaus nachgewiesen werden,
dass auch die externe Anwendung von Östrogencreme die Knochensubstanz stärkt,
weil es natürlich resorbiert wird.
Ein individuell angepasstes Therapiepaket muss natürlich auch immer die Psyche mitbetreuen.
Auch die körperlichen Beschwerden sollten durch Physiotherapie,
Beckenbodentraining und ganz wichtig durch eine Lifestyle-Änderung positiv beeinflusst werden.
Lassen Sie mich zusammenfassen. Ich empfehle allen Damen und aufgepasst auch
den Herren regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen und auch Selbstkontrollen ohne Angst.
Ja, auch wir Männer kommen in eine Art von Klimakterium.
Das wollen wir natürlich auch nicht wahrhaben und nur Marmenduscher gehen zum
Männerarzt, also zum Urologen.
Bitte gehen Sie zum Gynäkologen und, meine Herren, Sie gehen bitte zum Urologen.
Einmal im Jahr, dann passiert auch nichts.
Ja, noch eine Bitte. Lassen Sie sich nicht von der Werbeflut verunsichern.
Die Märkte sind voll von unnötigen, teuren und meist nutzlosen Pillen,
Salben und Tropferln gegen das Älterwerden und die Beschwerden.
Die Wechseljahre und ihre teils
zugegebenermaßen sehr lästigen Begleiterscheinungen sind keine Krankheit.
Sie sind eine natürliche Tribut für das Älterwerden.
Denken Sie daran, vor 100 Jahren wurden die Menschen im Durchschnitt nicht viel älter als 50.
Heute schaffen die meisten von uns weit über 75 Jahre.
Und das dank der Medizin mit Lebensqualität.
Akzeptieren wir also auch die späteren Jahre, in denen sich unser Körper verändert.
Diese Veränderungen können eine gute Chance für eine schöne Zeit auch mit einer
etwas anderen Form der Sexualität sein.
Brigitte Bardot sagte, ich bin stolz auf meine Falten, sie sind das Leben in meinem Gesicht.
Also denken Sie bitte daran, Wechseljahre sind für Frauen und Männer auch eine
Chance für einen wunderbaren Neubeginn.
Bei gesundheitlichen Problemen wenden Sie sich bitte immer zuerst an die Ärztin
und den Arzt Ihres Vertrauens.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit und wünsche Ihnen alles, alles Liebe und Gute.
Music.