DOC on AIR - Erste Hilfe im Alltag

Notfallmedizin im Alltag

#05 - Was ist eigentlich Notfall- & Krisenmanagement?

15.07.2023 15 min

Zusammenfassung & Show Notes

Wer kennt es nicht? Bei einem unerwarteten medizinischen Zwischenfall tritt eine uralte, überlebenswichtige Körperreaktion in Kraft. Alarmhormone werden ausgeschüttet, Blutdruck schiesst in die Höhe, Herzrasen entsteht, die Knie schlottern, wir sehen keine Details und denken nur an Flucht. Oder wir stellen uns tot. 
Erste Hilfe funktioniert aber nur, wenn wir zuerst drei Schritte zurückgehen, 3 mal tief durchatmen, den Blick auf das Ganze lenken und Hilfe rufen (lassen). Erst dann Eigensicherung, Gefahrenerkennung und Sicherung des Unfallortes. Erst zum Schluss starten wir möglichst im Team mit der eigentlichen Basisversorgung des Patienten.
Wollt Ihr wissen, was Team heisst? Toll, ein anderer machts! 

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DOC-ON-AIR - Der Podcast für den Umgang mit medizinischen Notfällen im Alltag von Dr. Joachim Huber.

Weitere Informationen auf doc-on-air.com

Das Gesicht zur Stimme unter www.drjoachimhuber.at

Bei Fragen oder Hinweisen zur aktuellen Folge schreibt mir gerne ein Email unter podcast@doc-on-air-com

#notfallmedizin #ersthilfe #teambuilding #alleswirdgut

Transkript

Music. Jetzt haben wir viel über das Recht gehört und ich hoffe, ich habe euch nicht so unrund und nervös gemacht. Das wäre ganz kontraproduktiv. Daher lasst uns jetzt die Frage in den Raum stellen Was ist denn eigentlich in so einem Notfall zu tun? Das klingt so ganz furchtbar wichtig. Notfall und Krisenmanagement. Letztlich geht es einfach darum, dass wir, egal ob es eine kleinere oder größere Problematik ist oder Gott behüte, sogar was ganz grausliches wie eine Katastrophe. Wir müssen versuchen, damit ganz systematisch umzugehen. Jeder von euch erinnert sich an die erste Autofahrt. Meiner Seel, gleichzeitig schalten, kuppeln, bremsen, langsam die Kupplung kommen lassen, blinken, Licht ab oder anschalten, hupen und schauen, ob nicht von links, rechts, oben, unten irgendwas daherkommt. Von systematischem Umgang mit dem Auto keine Rede. Abgestorben ist die Kraxen und nicht weiterkommen. Und das möchte ich natürlich euch ersparen. Also systematischer Umgang mit Notfallsituationen ist genauso wichtig wie eine Analyse und überlegen: Was kann ich denn tun? Das sind diese berühmten 30 Sekunden, wo ich jedem rate: Hol zwei, drei Mal tief Luft, Überlege, was ist jetzt ganz wichtig und was ist weniger wichtig? Es ist ganz erstaunlich: Unter solchen Stresssituationen beginnen Menschen ganz komische Sachen zu machen. Ich erzähle euch ganz kurz von einem Autounfall, wo mich ein LKW mit meinem damaligen Auto Bianchi, ungefähr dem Fiat, dem alten Fiat 500 entsprechend, abgeschossen hat. Richtig hübsch abgeschossen auf der Südautobahn. Das erste, als ich festgestellt habe "Gut, wir liegen in den Gurten beim Beifahrer und ich am Rücken. Kopf tief." Das erste, was mich mir durch den Kopf geschossen ist: "Hoffentlich ist meine Stereoanlage nie kaputt gegangen" Keine Rede, wie geht es meinem Mitfahrer? Sondern genau das. Also zu einem systematischen Umgang gehört eine Checkliste. Und da rate ich euch, einfach nach dem berühmten ABC-Prinzip vorzugehen. Was ist A das Allerwichtigste? Was ist B auch noch wichtig? Was ist C? Das tun wir irgendwann später. Gehen wir gleich in medias res, um es geschwollen zu sagen. Also jetzt ist was passiert. Und jetzt ist das Wichtigste: Natürlich die Alarmierung. Das heißt, wir müssen Hilfe herbeirufen. Das ist natürlich, wenn man ein Handy zur Verfügung hat und kann also nur auf einen Notknopf drücken. Auf eine Angelegenheit. Gibt es auch diese Notrufuhren, die wir unseren vielleicht etwas älteren und gebrechlichen Mitbewohnern oder Menschen, die wir gerne mögen, " verordnen" Unter Anführungszeichen. Ansonsten legt euch zum Telefon, so ihr noch so ein altes, altmodisches Festnetztelefon habt, eine Liste, die man auch bei der Feuerwehr bekommt. Da ist der Europa Notruf mit 112, der Feuerwehr-Notruf mit 122. Die Polizei. 133. Der Rettungsdienst 144, Bergrettung 140. Und da gibt es noch mehrere bis hin zur Wasserrettung und natürlich auch Krisenintervention. In jedem Telefonbuch kann man es finden. Und jetzt die gute Nachricht Egal, ob ihr 112 oder 144 ruft - es wird Hilfe kommen. Allerdings. Und da bitte ich, das einfach so zu nehmen, wie es ist. Ihr müsst vorher Fragen beantworten. Das klingt im Moment, wo man vielleicht, Sorge um das Leben eines lieben Menschen hat, ganz blöd, wenn man jetzt sagen muss:wo ist denn was passiert? Wie viele verletzte Betroffene sind denn überhaupt vor Ort? Grobe Abschätzung. Welche Art von Verletzungen? Nein, ihr müsst nicht wie ein Arzt eine Differenzialdiagnose geben, aber grobe Art von Verletzungen. A Wirklich schwer. Reder er nichts mehr. Irgendwas ganz Grässliches passiert mit Blutung. B Na ja, ich kann noch kommunizieren. Patient hat zwar Schmerzen, aber er schnauft und redet mit mir. Und C Ja, eigentlich brauchen wir jetzt primär mal Trost, um den Schreck zu bewältigen. Und es ist nichts Gefährliches. Also die Rettung rufen wir wirklich nur, wenn wir fremde Hilfe brauchen. Notfallsanitäter, Sanitäter, oder Gott behüte, natürlich auch einen Notarzt. In diesem Fragespiel, das der Rettungs-Disponente sozusagenderweise initiiert, warten wir immer auf Rückfragen. Also das Furchtbarste, was uns passieren kann als Rettungsleitstelle- Mitarbeiter: "Hörns, komme sie ins schnell! Da ist was passiert. Na grauslich. Sie können sich vorstellen, na so schaich, Dankeschön, dass Sie kommen. Auf Wiederhören." Da kann kein Mensch eine zielgerichtete Rettung machen. Übrigens für diejenigen, die im Bekannten- oder Freundeskreis einen gehörlosen Menschen haben. Auch hier gibt es seit 2019 eine App Store bzw. ein Android über Google Play. Das kann man installieren. Das ist eine App für Gehörlosen-Notruf. Die Polizei macht das jederzeit. Feuerwehr, Rettungs, Pannendienst, selbst der ÖAMTC und ARBÖ richten euch das gerne ein. Es gibt auch eine Email, die ich euch gerne sage. Gehörlosen-Notruf natürlich mit o, e und ohne das Ö wie Österreich, Gehörlosen- Notruf Klammeraffe Polizei Punkt gv Punkt at. Oder die Gehörlosen können über eine SMS oder ein Fax auch Hilfe herbeirufen. Das ist die Nummer plus 43 für Österreich 800 und zweimal die 133. Also eine ganz tolle Geschichte. Und da wird ja auch geholfen, wenn du, ich sag jetzt mal einen Patschen im Fahrrad hast. Es muss nicht immer der ganz gräßliche Notruf sein oder einen Wasserbruch oder das Klo ist verstopft. Also wann immer man sich selber jetzt nicht helfen kann, kann man den Menschen getrost sagen: "Dieser Gehörlosen-Notruf ist eine ganz feine Sache." Oh, jetzt habe ich noch eine Frage. Wer kennt sich denn aus mit Feuerwehrsignalen? Ich verrate euch was. Wann immer dieser blöde Test am ersten Samstag im Oktober ist - Zivilschutz Probealarm - bin ich froh, wenn meine Frau in der Nähe ist. Weil die sagt mir: "Nein, das ist jetzt nur der Test. Du brauchst dich nicht fürchten." Normal, und das sollte man sich auch irgendwo hinhängen, wo man es sieht. Am besten beim Telefon. Normal gibt es eben ein Warnsignal. Da heult die Sirene drei Minuten, dann gibt es einen Alarm. Da ist der Ton auf und abschwellende und der dauert eine Minute. Und dann gibt es eine Entwarnung. Das ist wiederum eine Minute, ein gleichbleibender Dauerton. Also zum Wiederholen: Als erstes die Warnung mit drei Minuten gleichbleibendem Ton, dann eine Minute lang auf und abschwellend. Und drittens die Entwarnung - wieder eine Minute gleichbleibender Dauerton. Was tun wir in so einer Situation? Wir stellen unser Radio an! Ich hoffe, ihr habt ein batteriebetriebenes Radio. Weil wenn der Stom futsch ist, nutzt mir das gar nichts. Wenn das noch so ein HiFi Endgerät ist. Also Radio hören. Dann den Anweisungen folgen. Wenn die sagen: "Bitte Fenster schließen, nicht rausgehen. Glaubt es mir, dann sollte man es tun." Was auch ganz raffiniert ist, damit bin ich mit meiner Information schon fast am Ende, ist eine App, die heißt KATWARN. Die kann man also auch völlig kostenlos sich herunterladen und kriegt dann für den Bereich, wo man wohnt. Wenn - auch bei Gewitterdrohung oder Unwetter oder wie jetzt dieser grässliche Felssturz in der Schweiz war - kriegt man eine entsprechende Warnung. Auch natürlich, wenn ein größerer Stromausfall ist. Das gefürchtete Blackout, vor dem wir alle einen Heidenrespekt haben. Warum? Weil dann gar nichts mehr geht. Dann geht überhaupt nichts. Also wenn der Strom generell weg ist, egal aus welcher Ursache. Ob es nur ein technisches oder vielleicht ein terroristisches Problem ist. Dann geht nichts mehr. Dann kann ich keine Apotheke mehr aufmachen, ich kann keinen Laden mehr auf oder zumachen. Die ganze Logistik auch bei Bank, Post, bei der Treibstoffversorgung - alles ist futsch und tschar e - und nicht glaubt jetzt nur für zwei drei Minuten. Nein, da gibt es eine Phase eins, die dauert Stunden. Kein Strom, totaler Stillstand, eine Phase zwei, die dauert schon Tage und dann sind wir schon, bis alles wieder hochgefahren ist und wieder funktioniert in Wochen bis Monate-Bereich. Nur zur Information: Dieser Schaden, der da entsteht, kostet pro Stunde circa 20 Millionen €. Pro Tag, rund 200 bis 250 Millionen €. Und um in so einer Situation zurechtzukommen, brauche ich, wie schon vorher erwähnt, ein batteriebetriebenes Radio. Die guten alten Kerzen mit den Zündhölzern in einem Nylonsackerl, dass die Zündhölzer nicht durch die normale Luftfeuchtigkeit kaputt werden. Oder eben entsprechende Taschenlampen. Vorsicht, sie sind fast nie geladen und die Batterien drinnen sind meistens in einem erbärmlichen Zustand. Und wir brauchen natürlich auch zumindest für zwei Wochen Vorräte, um zu überleben. Dazu gehört natürlich Wasser, dazu gehören Grundnahrungsmittel. Alle Dinge, die man nicht in den Kühlschrank stecken muss, natürlich auch Gasflaschen. Da kann ich zur Not auf meinem Griller etwas kochen. Oder ich habe einen kleinen Gaskocher. Es gehört dazum heute moderne Solartechnik, das gibt es ja heute alles zu einem halbwegs vernünftigen Preis und dann bin ich abgesichert. Also ihr seht, dieses ganze Notfallmanagement klingt zwar furchtbar, ist aber eigentlich, wenn man es uns noch einmal Revue passieren lassen, eine relativ simple Angelegenheit. Und was wir immer brauchen und das ist halt bei unserem Land noch ein bisserl schöner als in der Stadt - die Kommunikation. Ich kann meinen Nachbarn anrufen oder einen meiner Nachbarn. Ich kann zu ihm hinüber schreien und sagen "Du, ich habe ein Problem." Das ist leider in der Stadt ein bisschen untergegangen und verwahrlost. Fassen wir es zusammen: Wenn irgendein grässlicher Notfall ist, dann entscheiden die ersten Minuten darüber, ob wir Hilfe bekommen oder nicht. Und natürlich sol<b>lt ihr</b> anrufen und keine Scheu haben. Gar keine Frage. Die Rettungseinrichtungen sind für euch da. Das war das Thema Notfall und Krisenmanagement. Music.