DOC on AIR - Erste Hilfe im Alltag

Notfallmedizin im Alltag

#02 - Was macht eigentlich ein Notarzt?

01.07.2023 15 min

Zusammenfassung & Show Notes

Meistens kommt zuerst die Rettung (ein RTW = Rettungstransportwagen) mit zumindest zwei Sanitätern. Die Leitstelle der Rettung schickt bei Verdacht auf gefährliche Erkrankungen auch einen NFS (Notfallsanitäter) zu Berufungsort. Wenn der Anrufer aber eine lebensgefährliche Verletzung oder Gesundheitsstörung schildert, kommt das NEF - Notarzteinsatzfahrzeug. Wie der Name schon sagt, besteht dieses Team aus einem NFS und einem NA (Notarzt). Die Aufgabenstellung besteht aus lebensrettenden Erstmassnahmen, erweiterter Wiederbelebung, Medikamentengabe aber auch sichere Transportbegleitung in das erforderliche Schwerpunktkrankenhaus.
Notärzte kümmern sich aber auch um VIPs sowie Rettungstransporte mit Hubschrauber und Flugzeug. Sie werden aber auch bei Großschadenereignissen, Katastrophen und Großveranstaltungen eingesetzt.

---

DOC-ON-AIR - Der Podcast für den Umgang mit medizinischen Notfällen im Alltag von Dr. Joachim Huber.

Weitere Informationen auf doc-on-air.com

Das Gesicht zur Stimme unter www.drjoachimhuber.at

Bei Fragen oder Hinweisen zur aktuellen Folge schreibt mir gerne ein Email unter podcast@doc-on-air-com

#notfallmedizin #ersthilfe #teambuilding #alleswirdgut

Transkript

Music. Ja, und wieder darf ich sagen Grüß euch Gott. Hier ist euer Doc on Air, Joachim Der Huber-Doktor. Unser heutiges Thema ist: "Was macht denn eigentlich so ein Fliegerarzt? Was ist ein Notarzt? Was macht der? Was ist ein leitender Notarzt?" Ich versuche auch hier einige interessante Details nahezubringen. Jetzt kann natürlich jeder sagen: "Ja und wieso sagt er nicht Was ist ein Zahnarzt und was ist ein Gynäkologe und was ist ein Männerarzt?" Vollkommen richtig. Würden wir die gesamte Liste der heute ausgebildeten und praktizierenden Ärzte nehmen, dann brauchen wir allein dafür unsere drei, vier Folgen. Sollte jemand jetzt sagen: "Mich interessiert aber ganz speziell das oder jenes." Dann schreibt mir einfach ein E Mail. Ihr findet also die Adresse in den Shownotes? Ich sage es euch gleich. Keine Ahnung, wie man Shownotes ausspricht. Auch da eine kurze Geschichte. Wir hatten in der Schule Latein. Wir hatten im Gymnasium Griechisch. Wir hatten. Ob ihr es glaubt oder nicht. Französisch. Es gab einen freiwilligen Kurs. Italienisch. Es gab kein Englisch. Ich schwöre es. Es gab in meiner Gymnasiumzeit in der Mittelschule, in Bludenz, in Rumgelien kein Englisch. Also habe ich mir das Englisch im Laufe meines Lebens mühselig selber beigebracht. Und ich darf durchaus sagen, ich kann mich gut verständigen, aber es ist ein sogenanntes Pidgin Englisch, also das, was die Seefahrer uralten Zeiten von sich gegeben haben. Gehen wir wieder zurück. Was ist denn eigentlich ein Fliegerarzt? Also ein Fliegerarzt ist erstens einmal ein Arzt, der fliegt. Lustig. Nein, tatsächlich ein Arzt, der kranke Menschen von überall aus der Welt nach Hause bringt. Auch ich hatte einen sehr, sehr spannenden Einsatz gemeinsam mit einem Freund. Wir waren an dem Tag, als die Russen in Afghanistan invasiert sind, waren wir dort und sind mit der letzten Maschine gelandet, um den damals dort lebenden österreichischen Kulturattache, der einen ganz schweren Herzinfarkt erlitten hatte und im Untergrund von den Afghanen, die ihn betreut haben, versteckt wurde, um den also herauszufliegen. Also das ist ein Fliegerarzt, Aber ein Fliegerarzt ist natürlich auch der, zu dem eine Flugbegleiterin oder ein Fluginteressierter hingeht und sagt: "Ich möchte gerne Segelpilot werden oder ich möchte gerne Flugbegleiterin oder Flugbegleiter werden. Oder ich möchte Berufspilot werden." Dann ist der Fliegerarzt derjenige, der nun nach vorgegebenen europäischen Richtlinien eine entsprechende genaue Untersuchung macht. Das fängt an mit der Vorgeschichte, geht über die Körpermaße, über Seh-, Gehörtest, Herz-Ultraschall, Ruhe-EKG, Belastungs-EKG, Lungenfunktion, großes Blutbild, orthopädische Untersuchung, Beweglichkeit, Gleichgewichtsuntersuchungen. Also eine Unzahl von vorgegebenen Checks, die dieser Pilot erfüllen muss. Und wenn er das erfüllt, dann bekommt er ein sogenanntes Medical. Das ist jetzt je nachdem, ob man nur nur Anführungszeichen ein Privat-Pilot oder ein Linienpilot ist, mehr oder weniger lang gültig. Der Fliegerarzt ist also derjenige, der diese ganzen Checks zu bewerkstelligen hat und dafür auch sozusagenderweise von der Autro-Control, also von der Behörde einen Auftrag bekommt. Auch der Fliegerarzt muss natürlich nachweisen, dass er sich regelmäßig fortbildet, dass seine Ordination mit dem entsprechenden, modernen Equipment mit der Ausrüstung versehen ist und muss natürlich regelmäßig auch selber antreten und beweisen, dass er das kann. Das ist wie mit der Gutachtertätigkeit, wo man also auch regelmäßig kontrolliert wird, ob das, was man hier an Gutachten von sich aus erstellt, ob das alles stimmt. Diese Fliegerarztberuf hat mir sehr viel Spaß gemacht und nachdem ich eine Ausbildung gemacht habe, die doch einigermaßen anstrengend war und international - ich wurde in Fürstenfeld/Bruck und dann bei der NATO ausgebildet, ab auch einige amerikanische und russische Ausbildungsszenarien absolviert - war die Frage des Bundesheeres, ob ich das übernehmen will und hier die Flugambulanz im Heeresspital aufbauen will eigentlich mit einem einfachen "Ja" zu beantworten. Ich habe es auch nie bereut. Ich war sehr gerne und sehr lange beim Bundesheer und bin dort letztlich sogar Brigadier geworden, wie die Amerikaner sagen "one star general" - also furchtbar wichtig. <b>Gut!</b> Ich habe dort beim Bundesheer ebenfalls unzählige Flugschüler, Techniker auf ihre Fliegertauglichkeit hin untersucht und war sicher manchmal ein bisschen zu lästig. Alle, die mir jetzt zuhören aus diesen Zeiten, mögen meine Entschuldigung akzeptieren, wenn ich so wirklich widerlich war. Der Blutdruck stimmt nicht. Du hast zu viel Gewicht, du rauchst zu viel, Du musst deine Leber entlasten. Ich konnte damals schon ein ziemlich lästiger Hund sein, war aber letztlich, für die Sicherheit gedacht. Und wenn ich so zurückblicke, dann waren das damals schon sehr, sehr hohe Unfallzahlen. Das österreichische Bundesheer hatte eine der höchsten Flug-Todesfälle in ganz Europa. Nach drei Jahren Arbeit in der Flugambulanz, gemeinsam mit den Flugpsychologen, mit den Trainern, mit dem ganzen Spitalsteam des Heeresspitals war es so, dass wir weniger als einen Toten pro 100.000 Flugstunden hatten. Also ein sensationeller Erfolg. Als Fliegerarzt habe ich natürlich auch andere wichtige Dinge tun dürfen. Zum Beispiel Ihr erinnert euch an den Stratosphärensprung von Baumgartner, der mit diesem unglaublichen freien Fall etliche Rekorde gebrochen hat. Da durfte ich nicht nur bei der Vorbereitung zu diesem Abenteuer mitwirken, sondern auch dann bei der hochinteressanten und wahnsinnig aufregenden Übertragung in Radio und Fernsehen an Seite von Spezialisten und Reportern. meinen Senf dazugeben, um das mal so zu sagen. Ja, und in weiterer Folge hatte ich dann natürlich, weil wir vorher gesagt haben "was ist denn ein Notarzt?", habe ich natürlich auch diese Befähigungen erreichen dürfen. Auch hier mit sehr vielen internationalen Lehrern, denen ich allen dankbar bin, weil von alleine kann man das gar nicht alles lernen. Und das hat dann eben dazu geführt, dass die Kombination aus Flugmediziner, Luft und Raumfahrtmediziner und Notfallmediziner schon dazu geführt hat, dass man mich zum Beispiel gebeten hat, bei dem Papstbesuchen die Heiligkeiten zu begleiten. Der KURIER hat damals geschrieben "Der Leibarzt des Papstes<b>"</b> - das war natürlich ein bisserl überzogen, aber wir waren standby mit meinem Malteser-Team und haben darauf geachtet, dass es dem Heiligen Vater entsprechend gut ging. Auch schon der vorherige Papst Johannes Paul war also unter unseren Fittichen. Und letztlich habe ich dann auch den Dalai Lama betreuen dürfen. Einmal kurz bei uns im Kinderdorf, in der Hinterbrühl SOS Kinderdorf, einmal ein bisschen länger bei einem Aufenthalt n der Stadt Wien und einmal ganze 14 Tage, als er in Österreich war. Auch da hat mir Flug-Medizin und Notfallmedizin, haben mir sehr geholfen. Also so eine Notarztausbildung müsst ihr euch ungefähr so vorstellen. Theorie und Praxis. Zuerst einmal lernt man in der Theorie sämtliche nur möglichen Notfälle mit ihren Hintergründen kennen. Das heißt, egal ob es ein Kindernotfall ist, ob es ein gerontologischer - also ein Notfall des älteren Menschen ist, ob es ein Autounfall ist, ob es Verschlucken ist, ob es ein Gärgasunfall ist, ob es ein Kindergarten<b>-</b>Spielplatzunfall ist. Niemand käme auf die Idee, dass ein Kind sich mit dem Radhelm, mit dem Fahrradhelm, der doch schützen soll, durchaus auch erhängen kann, weil es so unglücklich beim Spielplatz hängen bleibt. Also diese ganzen Notfälle lernt man in Theorie und Praxis. Was kann ich tun? Was tue ich, wenn sich ein Kind plötzlich verschluckt und nicht mehr atmet? Was tue ich, wenn ein älterer Mensch plötzlich offensichtlich einen Schlaganfall oder einen Herzinfarkt bekommt? Was tue ich bei einem Asthmaanfall? Was tue ich, wenn der Blutzucker nicht in Ordnung ist? Alle diese Dinge werde ich Euch auch im Laufe meiner einzelnen Folgen so nahebringen, dass ihr einen Schritt zurück gehts, entspannt das Richtige machts. Notarzt muss natürlich auch viel Praxis haben. Nur Theorie ist ja nix. Also muss man, um sich Notarzt nennen zu dürfen, in einem staatlich anerkannten Rettungssystem mitarbeiten. Das war für mich als Malteser nkompliziert, weil wir jahrzehntelang vom Börseplatz in Wien mit der Wiener Rettung gemeinsam Einsätze gefahren sind. Ich habe aber auch viele Notarztdienste mit dem Arbeitersamariter Bund mit dem Roten Kreuz gemacht. Mit den Johannitern, wo wir eben versucht haben, auch hier im Team und damit haben wir einen ganz wichtigen Punkt: Notarzt ist immer nur dann gut, wenn er ein gutes Team hat. Alleine ist er na ja, vielleicht als Vortragender geeignet. Aber im Notfall braucht man immer, seine Damen und Herren Sanitäter, Notfallsanitäter, bis hin zu dem, der den ganzen Funk macht, bis hin zu organisatorischen Background. Also das ist eine sehr komplexe Sache. Und wenn wir uns überlegen, wie viel Notarzteinsätze allein in Wien jeden Tag stattfinden, dann wissen wir, das geht eben nur mit einer sehr, sehr großen und gut geschulten Organisation. Und eines dieser wichtigen Glieder dieser Rettungskette ist eben der Notarzt. Jetzt habe ich ja noch gesagt, es gibt auch einen leitenden Notarzt, der hat nun mit der Praxis fast gar nichts mehr zu tun. Das heißt, er zieht weder Spritze auf, noch spricht er irgendwelche "heile heile Gänschen"-Worte. Der ist sozusagenderweise mit dem Chef-Sanitäter der Rettung, mit dem organisatorischen Leiter verantwortlich, dass bei einem Großschadensereignis avon spricht man, wenn mehr als 15 Personen betroffen sind - beim Großschadensereignis alles seine Ordnung hat, dass also hier die Einsatzstrukturen funktionieren. Das heißt, der organisatorische Leiter und der leitende Notarzt sind die Dirigenten, die dem Orchester sagen, wie es nun was spielen muss. Also der Fliegerarzt, Notarzt, leitender Notarzt s ind die Dinge, die ich nach wie vor bespielen darf, die mir auch viel Freude machen. Und wir gehen im weiteren Verlauf meines Podcasts natürlich auf die einzelnen Probleme ein, die einzelnen Zwischenfälle ein, die euch, Gott behüte, auch zu Hause passieren können. Vielen Dank fürs Zuhören und Pfiat Gott. Music.